Vom 02.10. bis 06.10.2014 fand der Partnerschaftsbesuch unserer Gemeinde Eggstedt bei der Gemeinde Eggstätt (Chiemsee) unter der Leitung der Feuerwehr statt.
Neben anderen Unternehmungen und Tagestouren war der heimliche Höhepunkt die „Dienstveranstaltung“ der Feuerwehrkameraden am Samstagabend: Das Patenbitten. Wir Norddeutschen wussten nur so viel: Wenn bei uns benachbarte Ortsfeuerwehren, die eine gewisse gegenseitige Sympathie entwickelt haben, sich in Notfällen und bei Bedarf gegenseitig helfen wollen, dann redet und übt man miteinander, pflegt die Kameradschaft bei einer Grillwurst und alles ist gut.
In Bayern ist das anders. Hier muss die Feuerwehr, welche die Patenschaft übernehmen möchte, die betreffende Wehr im Rahmen des „Patenbittens“ um die „Zustimmung“ der Kameraden für dieses „hohe Privileg“ bitten. Das hat mit dem nötigen Ernst in Ausgehuniform zu erfolgen. Und dabei sind Aufgaben und Bedingungen zu erfüllen. Aber welche?! – Das wussten wir „blauäugigen Blauröcke von der Küste“ nicht.
Als wir Eggstedter, wie gewohnt, um 18:00 Uhr unser gemeinsames Abendessen im Hotel hatten, wurden die ersten schon nervös und spätestens als unsere 14 Uniformierten nach dem Essen beisammen standen, stieg die Spannung enorm. Um 19:30 Uhr sollte es losgehen und die Vorbereitungen unsererseits waren erledigt: Ein Fass mitgebrachtes „Dithmarscher“ stand draußen angezapft bereit. Als gegen 19:00 Uhr die ersten Feuerwehrkameraden und Mitglieder des Feuerwehrvereines und der Gemeindevertretung Eggstätt eintrafen, gab es noch Verzögerungen, weil etliche noch warmes Essen angeboten bekamen und dieses auch annahmen. Ein musikalisches Duo spielte für alle bayrische Heimatklänge.
Gegen 20:00 Uhr war es dann soweit: In dem restlos überfüllten Speiseraum rotteten sich die Eggstätter vor dem Tresen eng zusammen und das „Theater“ nahm seinen Lauf indem der Moderator und Rädelsführer, Christian Glas, das Wort ergriff: In Richtung Sepp (Wehrführer Eggstätt) – und dann natürlich in sauberstem bayrisch: „Du, sag a moi, Sepp, I hab gdenkt, ihr machts hier a nomal Feuerwehrdienstabend – i seh hier aba a Menge fremder Gsichter in Uniform. Woast du was die heuer hier wolln?“ (Und so weiter ……) Dann wurde unserer Gruppe das Wort erteilt und unser Bürgermeister, Walter Krotzek, lies die mittlerweile 26-jährige Beziehung der beiden Gemeinden Revue passieren bis unser Wehrführer, Fred Glindmeier, abschließend das Anliegen des Abends vorbrachte: „Wir Eggstedter Feuerwehrkameraden möchten um die Patenschaft für die Feuerwehr Eggstätt bitten.“ – Jetzt war die Katze aus dem Sack! Es folgte völlige (gespielte) Überraschung bei den Eggstätter Kameraden. „Da müssen wir uns zur Beratung zurückziehen! – Musik!“
Auf die danach von Sepp laut gestellte Frage: „Wollt ihr, dass die Wehr Eggstedt um die Patenschaft bitten darf?!“ antwortete eine junge Stimme aus dem Hintergrund, wie vor dem Traualtar: „Ja – ich will!“ (tosendes Gelächter)
Nachdem sich vergewissert wurde, dass wir es ernst meinten, gingen ein paar Eggstätter raus und kamen mit einem ca. 3 m langen DREIKANT-Balken wieder herein und platzierten ihn (mit Stühle und Tische Rücken) quer, mitten im Raum auf dem Boden. Er trug die Aufschrift: „PATENBITTEN DER FF EGGSTEDT IN EGGSTÄTT, 04.10.2014“
Jetzt wurden vom Moderator Christian 6 ausgewählte Feuerwehrkameraden aus Eggstedt einzeln nach vorne (hinter den Balken) gebeten. Aber nicht nur einfach so. Tags vorher hatte Christian sich, zu den Sachen, die er schon von den Betreffenden wusste, noch Anekdoten und kleine Besonderheiten durch „Ausfragen“ schildern lassen und diese „Geschichten zur Person“ gekonnt in sehr humorvolle und vor allem bayrische Reime gefasst. Als Beispiel (sinngemäß): Die beiden Bürgermeister laufen durch Eggstedt und der Eggstätter sagt zu Walter: „Schau mal Walter, da vorn liegt ein Hut mitten auf der Straße!“ Und Walter antwortet: „Ach da mach dir mal keine Sorgen! Da drunter steht unser Gemeindearbeiter, Klaus Staack, der bessert gerade noch ein Schlagloch aus!“ „ —– “
Als die sechs Bittsteller mit den Sprüchen hinter dem Bittbalken vereint waren, ging es zur Sache! Vor dem Balken wurde noch eine einfache Sitzbank gestellt und dann wurden die „Kniekontrolle“ durchgeführt. Dazu wurden die Hosenbeine hochgezogen und sichergestellt, dass kein Kandidat seine Knie gepolstert hatte! Und dann ging es für alle in die Knie auf die (etwas abgerundete) spitze Kante des Balkens! Und die 6 wurden ermahnt, diese Position bis zum Ende der Prozedur beizubehalten weil sonst die Bittstellung hinfällig werden würde.
Der kalte Schweiß stand einigen schon gleich auf der Stirn und zum Glück wurde ein wenig „Schummeln“ bei der Lage der Knie geduldet. Wer es jedoch wagte, in die Hocke zu gehen wurde dezent, aber bestimmt, von den da hinter stehenden Eggstätter Kameraden nach vorne und runter gedrückt.
Dann wurden langatmig die Bedingungen gestellt. Dabei ging es hauptsächlich um den Service, die Bewirtung und Unterbringung der Eggstätter beim geplanten Gegenbesuch zum 125- jährigen Jubiläum der Eggstedter Wehr im nächsten Jahr. Das dritte geforderte Fass Bier wurde dann noch mit Blick auf Johann Kühl in ein „Spanferkel“ für das leibliche Wohl umgetauscht und ähnliches. Als der Bedingungskatalog abgearbeitet war, gab es dann die „Belohnung“ für die Zusagen und das lange Knien: Jeder der sechs bekam ein Maß Bier vor sich auf die Bank gestellt und – „weil Bier ja den Appetit anregt“ noch eine Riesenplatte Brotbelag mit dem entsprechenden Brot dabei. (Und dabei waren alle Papp satt vom warmen Essen zuvor!)
Die Kandidaten wurden unruhig am Boden. Als Marscherleichterung durften nun Sitzkissen untergeschoben werden. Aber unten bleiben! Als schließlich alle „hoch kauten“ und ein Anfall von Unwohlsein nicht mehr auszuschließen war, durften die anderen Eggstedter beim Verzehr der Brotzeit helfen – und dabei wir waren ebenso satt. Als das Bier dann getrunken war, wurde innerhalb der Eggstätter Wehr nochmal ernsthaft beraten, ob damit die Bedingungen für die Patenbitte als erfüllt gelten. Dem wurde zugestimmt und der gemütliche Teil des Abends konnte beginnen.
Bevor die Personengruppen sich endgültig vermischten wurde noch der Rat eines Altgedienten Kameraden aus Eggstätt befolgt: „Bringt das Bittholz in Sicherheit sonst kann es plötzlich „verschwinden“ und ihr müsst es noch mal auslösen.“
Wir erfuhren noch, dass üblicherweise nicht vorher eine volle Mahlzeit zu sich genommen wird, damit man die Brotzeit auch essen kann. Aber es gibt dann noch manchmal kleine Gemeinheiten, wenn zum Essen auch extrem scharfe oder in Richtung „ungenießbar“ tendierende Sachen gehören.
Andere (Bundes-) Länder – andere Sitten.
Es wurde noch gemütlich und ausgiebig zusammen gesessen, geschnackt und insgeheim überlegt, wie wir den Gegenbesuch der Eggstätter zum 125-jährigen Feuerwehr-Jubiläum mit „einigen Aufgaben“ gestalten werden.
Namen v.l.n.r.
Anette Witschel, Ralf Rönna, Wehrführer Fred Glindmeier, Johann Kühl, „Moderator“ Christian Glas, Ludwig Wörndl, BM Walter Krotzek, Sebastian Weber, Wehrführer Sepp Höhn, BM Hans Schartner
von Jens Bornholdt